Von Aleksandra Pure

Am Sonntag, dem 12. Februar 2017, wurde im Cinema am Ostertor der neue Film von Karin Kaper und Dirk Szuszies vorgeführt. Die Filmemacher*innen und die Protagonist*innen waren anwesend. Die Veranstaltung war Teil der Sondervorführungen, die seit der deutschen Filmpremiere am 12. November 2016 auf dem Filmfestival Cottbus deutschlandweit in Kinos stattfinden.

Im dem dokumentarischen Film erinnern sich vierzehn Überlebende der Shoah aus Breslau an ihre Erfahrungen vor, während und nach der Zeit nationalsozialistischer Judenverfolgung. Die von 1921 bis 1931 geborenen Protagonisten*innen beschreiben ihre Kindheit in Breslau. Sie sprechen über die Stadt mit der drittgrößten jüdischen Gemeinde im damaligen deutschen Gebiet, die Zäsur ihres Schicksals von 1933, die weiteren Erlebnisse von Flucht und Deportation, den Verlust ihrer Heimat und ihrer Familien sowie über die Erfahrung der Gefangenschaft. Akzentuiert wurde die Vertreibung der Juden, auch nach Kriegsende im „Ostblock“ weiterbestand. Auch deswegen entschieden sich viele ein neues Leben in der USA, England, Frankreich, Deutschland und in Israel anfangen mussten.

Die Narrative der Überlebenden sind durch zeitgenössischen Video- und Fotoaufnahmen, Zeitungen und weiteren Archivalien sichtbar gemacht. Einige Protagonist*innen besuchen ihre alte Heimat und reisen nach Breslau, wo sie, untermalt von jiddischen Liedern, gesungen von Bente Kahan, Orte ihrer Kindheit und Jugend besuchen. Eine wichtige Rolle im Film spielt die aktuelle Situation der jüdischen Gemeinde in Breslau, die ihre Renaissance in späten 1980er Jahren erlebte. Heute besteht die Gemeinde nur noch aus ca. 350 Mitgliedern, fast fünfzig Mal weniger als 1933. Selbst die feierliche Wiedereinweihung der Synagoge im Jahr 2010 nährte kaum die Hoffnung auf eine erneute Belebung des jüdischen Lebens in Breslau. „Hier sind keine Juden mehr“, so Gerda Bikales, eine eine der Zeitzeug*innen. Der Film ist unter anderem ein Resultat des Versuches, jüngere Generationen über die Shoah aufzuklären und die Methode der Oral History in dokumentarischen Filmen wieder aktuell zu machen. So wurde auch der Workshop, der im Herbst 2015 von acht Jugendlichen und vier Zeitzeug*innen besucht wurde, Teil des Filmes. Aus der Diskussion, die nach der Filmvorführung stattgefunden hatte, wurde klar, dass die Aufklärung der Jugendlichen Ziel des Filmes sei. So wird der Film im Lehrplan des polnischen Schulprogramms integriert. Wiederum in Bremen fand eine besondere Schulvorführung am 13. Februar statt. Hier stellt sich allerdings die Frage, ob die aus unklarem Grund im Film inbegriffene authentische Fotoaufnahmen der Leichen aus den Lagern Auschwitz und Bergen-Belsen für die Demonstration den Jugendlichen angemessen sind. Den Filmemacher*innen nach, solle der Film außerdem aktuelle Probleme des Nationalismus in Polen und in ganz Europa aufgreifen. So wurden im Film parallel zu Sequenzen der feierlichen Maßnahmen am jüdischen Gedenktag 2015 der Aufmarsch polnischer Rechtsradikaler im gleichen Jahr gezeigt. Der Film nimmt auch Bezug auf aktuelle Flüchtlingspolitik nehmen und die Folgen von Abschottung und Ausgrenzung aufzeigen. In diesem Zusammenhang ergibt sich aber die Frage, ob der Film, der mit konsequenten Lebenserzählungen der Shoah-Überlebenden beginnt, zum Ende hin nicht zu chaotisch wird. Der Film will viele Aspekte beleuchten und bleibt dabei etwas hinter seinen eigenen Ansprüchen zurück.

Weitere Informationen über den Film finden Sie unter http://www.judenausbreslaufilm.de.

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