1968: deutsch – global – politisch – emotional

Die Studierenden des Mastermoduls „Von Dutschke bis Dubček – 1968 global“ im Sommersemester 20181968: deutsch  global politisch emotional (PDF-Datei)

Zusammenfassung

Im zehn Jahresrhythmus wird der Büchermarkt mit neuen und wieder neuaufgelegten Werken zu 1968 überflutet. Es scheint, als gebe es in der Bundesrepublik Deutschland neben dem Nationalsozialismus und der Wende 1989 kein anderes Ereignis, welches das Land so geprägt hat und die Gemüter bis heute erhitzt.

Nicht nur für die Alt-68er gilt die Zeit der Jugendrevolte und Studentenproteste als eine Art zweite Geburtsstunde des jungen westdeutschen Staates, in der die letzten Reste des Nationalsozialismus ausgekehrt wurden, die Demokratie als Prinzip auch in Schulen, Universitäten und Familien Einzug hielt und damit viel tiefer in der Gesellschaft verankert wurde, als es vorher der Fall gewesen war. Auch wenn 1968 damit hierzulande eine sehr deutsche
Dimension hatte, waren Protest und Aufbruch keineswegs ein national  beschränktes Phänomen. Die Studentenunruhen in Paris und Berkeley waren immer schon präsent und Teil des deutschen Erinnerns. Aber die wirklich globale Dimension ist lange verkannt und wenig untersucht worden: Zum einen werden immer noch viel zu wenig Verbindungen zum Prager Frühling 1968 und einer ähnlichen Aufbruchsstimmung in ganz Ostmitteleuropa hergestellt. Zum anderen wurde kaum der Nordirland-Konflikt, der 1968 einen Höhepunkt hatte, unter dieses Label gefasst, und die zeitgleichen Proteste in Japan, Mexiko und anderswo wurden meist ignoriert. Einerseits gerät also die globalgeschichtliche Dimension immer mehr in den Blick der neueren Studien. Andererseits werden die alten, großen politisch-soziologischen Fragen nach dem generationellen Hintergrund der 68er, der Rolle des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) und der Springer-Presse durch neue kulturgeschichtliche Fragen wie der nach Emotionen und den Gender-Rollen, nach den Aufbrüchen im Theater- und klassischen Musikbetrieb oder auch nach der Rolle von Rockmusik und Drogen ergänzt.

Entsprechend dieser Vielfalt haben die Studierenden des Mastermoduls „Von Dutschke bis Dubček – 1968 global“ im Sommersemester 2018 eine große Breite von Texten diskutiert und stellen hier eine Auswahl der dabei entstandenen Buchbesprechungen vor:

  • Das Buch von Ingrid Gilcher-Holtey ist ein Standardwerk, das bereits in der fünften Auflage erschienen ist und die Proteste in der BRD, Westeuropa und den USA analysiert.
  • Da sie die Ereignisse im Osten fast vollkommen ausblendet, haben wir zwei Texte dagegen gestellt: Andrea Genest’ Aufsatz zu den „Märzereignissen“ in Polen und Martina Winklers Essayband zu Prag 1968
  • Danach kommen wir zurück zu den „deutschen“ Themen: Heinz Budes Werk über die Generation 1968 ist ein Klassiker; nicht fehlen darf auch ein Text zum SDS, der hier von zwei Veteranen selbst verfasst wurde; auch die Auseinandersetzung mit der Springer-Presse ist ein Muss: hier besonders reizvoll der Blick eines Koreaners auf die Medien in einem demokratischen Staat.
  • Die „neuen“ Themen sind mit Stefanie Pilzwegers Studie zum Thema Emotionen und Männlichkeit vertreten.
  • Die globale Dimension wird mit Nordirland und Japan erfasst.
  • Wir schließen mit einer Diskussion darüber, welche Verbindungen zwischen 1968 und der Neuen Rechten bestehen.