Eine Rezension zur gleichnamigen Sonderausstellung im Landesmuseum Hannover

Von Michele Bredehöft und Franziska Micheel

Ob für Kriegsflüchtlinge oder Arbeitssuchende – Deutschland war seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges stets ein beliebtes Einwanderungsland. Dass auch nach über 70 Jahren die Inte-gration von Zugewanderten immer noch eine Herausforderung für die deutsche Gesellschaft darstellt, zeigten besonders die zahlreichen Debatten und Konflikte im Zusammenhang mit syrischen Flüchtlingen der letzten Jahre. Die Chancen, welche sich aus dem Zustrom fremder Kulturen und Religionen für Deutschland ergeben, gerieten dadurch zusehends in den Hintergrund. Die Sonderausstellung Immer bunter im Landesmuseum Hannover hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, gerade auch die Vorteile einer stets vielfältiger werdenden Gesellschaft aufzuzeigen.

Einen ersten Einblick in die Integrationsgeschichte Deutschlands bietet ein akustisch optimierter Eingangsbereich, in dem die Besucher*innen den Erfahrungsberichten von ehemaligen Gastarbeiter*innen lauschen können. Im Anschluss daran wird die Geschichte der Gast-arbeiter*innen der 50er, 60er und 70er Jahre anhand von Schaukästen mit diversen Objekten behandelt. Dieser erste Ausstellungsbereich ist teils chronologisch, teils thematisch konzipiert und bietet neben den Schaukästen auch umfangreiches Informationsmaterial in Form von Texttafeln und kurzen Tagesschauausschnitten. Dabei wird nicht nur thematisiert wie, wann und warum Gastarbeiter*innen nach Deutschland kamen, sondern auch, dass diese zunehmend schlecht bezahlte, gefährliche und körperlich anstrengende Tätigkeiten übernahmen. Es wird zwar auch auf die teilweise schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen der Gastarbeiter*innen eingegangen, doch wird den Besucher*innen hauptsächlich die Erfolgsgeschichte des Wirtschaftswunders in Deutschland präsentiert und erläutert, die ohne die zusätzlichen Arbeitskräfte aus dem Ausland in dieser Form nicht hätte stattfinden können.

Als Übergang zum nächsten Ausstellungsraum dient erneut ein kleiner Akustikbereich mit Erfahrungsberichten, welcher jedoch zunächst in einen leeren Raum führt, der für die Ausstellung wohl nicht zu verwenden war. Ist dieser erst einmal durchquert, gelangt man in einen etwas unüberschaubaren Ausstellungsbereich, in dem nun auf die Integration der Gastarbeiter*innen eingegangen wird. Erneut kommen thematisch zusammengestellte Schaukästen zum Einsatz, um aufzuzeigen, dass in den letzten vier Jahrzehnten trotz religiöser und kultureller Unterschiede eine erfolgreiche Integration beobachtet werden kann. Um den Besucher*innen eine Identifikation zu ermöglichen, wird nun auch auf Einzelschicksale eingegangen. Anhand von zahlreichen privaten Fotografien, Tagebucheinträgen und Audioaufnahmen der Betroffenen werden Integrationsgeschichten präsentiert, welche trotz oftmals widriger Umstände erfolgreich verlaufen sind.

Im Zusammenhang mit der Integrationsgeschichte wird auch die Fremdenfeindlichkeit in Deutschland thematisiert, die nie ganz verschwunden ist und besonders in den Jahren erhöhter Zuwanderung immer wieder zunahm. Auf diese wird jedoch nur in einem kleinen separaten Raum eingegangen, was bezeichnend für das Konzept der Ausstellung ist, da hauptsächlich eine positive und erfolgreiche Einwanderungsgeschichte gezeigt wird. Aus demselben Grund wird wohl auch nur sehr spärlich auf aktuelle Probleme und Debatten im Zusammenhang mit Flüchtlingen und Asylbewerbern Bezug genommen. Zum Krieg in Syrien und dem damit einhergehenden Flüchtlingsstrom finden sich nur wenige Bilder, die von in Deutschland lebenden syrischen Kindern gemalt wurden. Zu den afrikanischen Flüchtlingen, die über das Mittelmeer nach Europa kommen, findet sich in Form eines Bootes sogar nur ein einziges Objekt. An dieser Stelle wird eindeutig die Chance verpasst, sich ebenfalls kritisch mit aktuellen Entwicklungen auseinanderzusetzen. Warum darauf verzichtet wurde, kann nur erahnt werden, doch wäre es möglich, dass versucht wurde, aktuellen Kontroversen möglichst aus dem Weg zu gehen. Die Sonderausstellung kann noch bis zum 27. August 2017 besucht werden.

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