Dauerausstellung der KulturAmbulanz

Von Anne Stammwitz
Bildquelle: KulturAmbulanz Bremen

Fixierungsgurte inmitten einer Parkidylle. Die Dauerausstellung des Krankenhausmuseums der KulturAmbulanz zeigt die facettenreiche Psychiatriegeschichte Bremens.

In bedrückend-schöner Umgebung befindet sich die Dauerausstellung der KulturAmbulanz: Auf dem idyllischen Parkgelände der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie stehen vereinzelt weiß getünchte Fachwerkhäuser und in einem von ihnen befindet sich die KulturAmbulanz; die Abteilung der Gesundheit Nord für kulturelle und historische Angelegenheiten.

Ihre Dauerausstellung „Vom Narrenkäfig zur Nervenklinik. Wer ist hier ver-rückt?“ erstreckt sich in einem lichtdurchfluteten, großen Dachstuhl. Stellwände, bedruckt mit Texten und Fotos, sowie Hörstationen und ausgestellte Objekte aus dem Psychiatrie-Alltag zeigen zum einen den Umgang mit als psychisch krank eingestuften Menschen. Zum anderen gibt die Ausstellung Eindrucke in Selbstverständnisse von Psychiatrieerfahrenen über die Zeit. Präsentiert wird ein Rundumschlag von der Mitte des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Hier wird vor allem eine Geschichte des Wandels erzählt, was der Name der Ausstellung „Vom Narrenkäfig zur Nervenklinik. Wer ist hier ver-rückt?“ bereits erahnen lässt: Die Dauerausstellung vermittelt Psychiatrie und Psychotherapie im Spiegel ihrer Zeit und verweist somit auf die Verknüpfungen gesellschaftlicher Sphären und Veränderungen, auch in der Forschung. So zeigt die Ausstellung anhand konkreter und individueller Beispiele die Veränderbarkeit der Grenzen zwischen „gesund“ und „krank“; zugleich beschreibt sie eine Geschichte vom Helfen und Zerstören von Menschen durch Menschen und eine Geschichte von Freiheitsraub. Die Stimmung ist bedrückend.

Eingangs klärt die Dauerausstellung über die abwegig schöne Umgebung der Parkanlage auf, die um 1900 vom Architekten Hugo Wagner als sogenannte Irrenanstalt konzipiert worden war. So bekommt man direkt zu Beginn einen Bezug zu dem Museum und seiner Umgebung. Den inhaltlichen Schwerpunkt bilden die Zwangssterilisation und die sogenannte Euthanasie im NS-Regime, die zurecht in der Ausstellung als dunkelste und schlimmste Phase der Psychiatriegeschichte dargestellt sind.

Arbeitskutten, Bettgurte und medizinisches Gerät passierend, kommt man zu einem an die Ausstellung angegliederten, separaten Raum. Hier ist ein etwa zwanzigminütiger Film über die Geschichte der Bremer Klink für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie zu sehen. Im Film, wie im Ausstellungsraum, wird ein Bild des kontinuierlichen Fortschritts im Umgang mit Menschen mit Psychiatrieerfahrung gezeichnet. Dieser Fortschritt scheint lediglich unterbrochen von dem derben Einschnitt, dem Unsagbaren, der systematischen Ermordung kranker und behinderter Menschen während der NS-Zeit.

Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wird bemerkenswert marginal thematisiert. Gerade im Film wird die Zeit zwischen den 1950ern und heute eher unkritisch, nebulös und ungenau gehalten, während zugleich Anschluss genommen wird an dem vor dem NS-Regime aufgezeigten Fortschritt. Die Ausstellung erzählt keine Erfolgsgeschichte, aber eine Geschichte der Kontinuität der Psychiatrie zum Positiven, die vom NS-Alptraum unterbrochen worden war.

Was sich jedoch ebenfalls wie ein roter Faden durch die Ausstellung zieht und somit gelungen vermittelt wird, ist die Relativität und die Verschiebbarkeit von vermeintlichen Konzepten wie „gesund/krank“ oder „Wahnsinn/Genie“. Genau das ist das Bedrückende und genau dafür sensibilisiert diese Dauerausstellung. Man verlässt die Ausstellung ins Grün des Parks, und die Idylle erscheint obskur.

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