„It happened, therefore it can happen again: this is the core of what we have to say.“
– Primo Levi, Italiener jüdischer Herkunft und Übelebender von Auschwitz-Monowitz.¹

Rezension zu der jüdisch-israelischen Ausstellung „Shoah – Block 27“ in der Gedenkstätte Auschwitz-I-Stammlager
Von Klaas Anders
Bildquelle: Bonjour Geschichte Redaktion

Im Rahmen einer studentischen Exkursion der Studiengänge Geschichte und Integrierte Europastudien sind Ende Januar 14 Studierende in Kraków und Oświęcim gewesen. Die Studierenden der Universität Bremen besuchten unter anderem die Länderaustellungen in der Gedenkstätte Auschwitz. Diese Ausstellungen existieren teilweise seit den 1960er auf dem Gebiet der Gedenkstätte des Stammlagers Auschwitz.

Die Ausstellungen repräsentieren die Opfer verschiedener Nationalitäten, die in Auschwitz ermordet wurden. Dem Staat Israel wurde lange eine eigene Ausstellung verwehrt, da die ermordeten Jüd*innen keine israelischen Staatsbürger*innen gewesen seien. Auch heute noch erkennt man die Unterschiede dieser Ausstellung, die sich in Block 27 des ehemaligen Konzentrationslagers befindet, im Vergleich zu den anderen Länderaustellungen. Die Meisten der Dauerausstellungen tragen schlicht die Namen der jeweiligen Nationalitäten: Russland, Polen, Frankreich etc. Nur zwei Ausstellungen unterscheiden sich hiervon: Die Ausstellung der „Roma People“ und die der „Shoah – Block 27“, wie die Ausstellungen von der Gedenkstätte offiziell betitelt werden.² Die Ausstellung ist Nachfolger einer in den späten 1960er Jahren gestalteten jüdischen Ausstellung. 2005 wurde eine Überarbeitung der veralteten Ausstellung in Auftrag gegeben. Die israelische Institution Yad Vashem konzipierte diese und eröffnete sie schließlich am 13. Juni 2013.³

Die Ausstellung zeigt sich auf der Höhe der Zeit. Sie ist stark multimedial gestützt und konzentriert sich auf die Vermittlung von Emotionen und Impressionen. Grundlegend gliedert sich die schlauchartige Ausstellung in chronologische Einheiten. Sie beginnt mit der Darstellung jüdischen Lebens vor der Shoah. Dieses wird den Besucher*innen in Form von Filmen und Musik in dem ersten Raum vermittelt. Gezeigt werden spielende Kinder, Hochzeiten und andere Aufnahmen des alltäglichen Lebens. Die Ausstellung wird in einem anderen Raum fortgesetzt. In diesem werden verschiedene Ton- und Bildaufnahmen nationalsozialistischer Propaganda den antisemitischen Vernichtungswillen des dritten Naziregimes vorgeführt. Anstelle der Darstellung von millionenfachem Mord konzentriert sich die Ausstellung auf die Aufarbeitung der Shoah. Selbst auf audiovisuelles Material von Überlebenden und multimedialer Umsetzung von Tagebüchern der Opfer der Vernichtung oder Adaption von Kinderzeichnungen der Shoah wird nicht verzichtet. Damit geht die Ausstellung bewusst von der Abstraktion durch Zahlen und Fakten weg zu persönlichen und nachvollziehbaren Schicksalen. Dabei kommentiert die Ausstellung das Gezeigte wenig. Grobe Kontextualisierung in Form von Schrift finden sich zwar, diese Angaben sind jedoch eher optionaler Natur und sind zum Verständnis der Ausstellung nicht erforderlich. Die gesamte Ausstellung ist in den Sprachen Hebräisch, Polnisch und Englisch gehalten und somit universell verständlich umgesetzt. Die Ausstellung löst insgesamt ambivalente Gefühle beim Besucher aus. Das Konzept bewegt sich dialektisch zwischen Bedrückung, Erinnerung an die Ermordeten und einer andächtigen aber perspektivisch hoffnungsvollen Darstellung der Gegenwart und Zukunft.

In einer normalen 3,5-stündigen Tour durch die Gedenkstätte ist der Besuch der Ausstellung „Shoah – Block 27“ meist nicht inbegriffen. Dennoch ist die Ausstellung sehr zu empfehlen, da sie die Abstraktion des Holocausts auf eine greifbare Ebene bringt und den Besucher*innen einen Eindruck von Mord, Vernichtung und den Schicksalen der als Jüd*innen Verfolgten gibt. Dies ist ein Eindruck den Tafeln mit Zahlen und Fakten oder gehetzt durch das Areal laufende Guides nicht vermitteln können. Besucher*innen der Gedenkstätte sollten einige Zeit zur Besuch der einzelnen Länderaustellungen einplanen. Um allein diese Ausstellungen in vollem Umfang betrachten zu können, sollte ungefähr eine Stunde Aufenthalt eingeplant werden.

Die Ausstellung gehört zur Besichtigung des Stammlagers Auschwitz-I und ist im Preis eines normalen Besuchs eingeschlossen. Der Besuch der Gedenkstätte ohne Guide ist frei. Für eine begleitete Tour zahlen Besucher*innen 30 Złoty, Studierende zahlen einen ermäßigten Eintritt von 25 Złoty. Die Ausstellung öffnen zusammen mit der Gedenkstätte um 07:30 Uhr und schließen am Nachmittag um 16:00 Uhr.


1 Dieses Zitat findet sich im letzten Raum der Ausstellung.
2 Shoah – Block 27, online unter http://auschwitz.org/en/visiting/national-exhibitions/shoah-block-27/, (Stand: 01.02.2017).
3 Shalev, Avner: Shaoh – Die neue Dauerausstellung im Block 27 im Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau, online unter http://www.yadvashem.org/yv/de/exhibitions/pavilion_auschwitz/intro.asp (Stand 01.02.2017).
4 Die Öffnungszeiten variieren mit den Monaten. Informationen online unter http://auschwitz.org/en/visiting/opening-hours/, (Stand: 01.02.2017).

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